Drei Schritte, die den Sterbeprozess begleiten.
Der erste Schritt ist die Rekapitulation.
Rekapitulation bedeutet, sich an die eigene Lebensgeschichte zu erinnern. Du kannst geliebte Menschen oder Verwandte, denen der Tod bevorsteht, dazu einladen, ihre Lebensgeschichte mit dir zu teilen. Rekapitulation ist sehr einfach, wenn man noch am Leben ist, doch es ist fast unmöglich, wenn man die Schwelle zur Seelenwelt bereits überschritt en hat.
Das ist also der allererste Schritt. Wir können einen geliebten Mensch dazu einladen, uns die Erinnerung aus deren Kindheit zu erzählen: „Wie sah dein Leben in jungen Jahren aus?“ „Wie war dein häusliches Leben.“ „Welche war die erste Schule, die du besucht hast.“ „Erzähle mir von deiner ersten Liebe.“ „Wie fühlte sich deine erste Liebe an?“
Es geht nicht um die Liebe mit 25 Jahren, sondern als du sechs oder acht Jahre alt warst und dich in den Lehrer oder in den Jungen verliebt hast. Lade die Menschen ein, ihre Lebensgeschichte zu erzählen. Diese Geschichte werden sie ihren spirituellen Eltern erzählen müssen, sobald sie ins Jenseits übergegangen sind und mit ihnen das Leben rekapitulieren. Sie sind nicht zwingend die leiblichen Eltern, die vielleicht schon gestorben sind. Sie sind Lichtwesen, die in der Seelenwelt auf uns warten.
Solange man noch lebendig ist, kann man sich gezielt auf die Rekapitulation im Jenseits vorbereiten. Bei der Rekapitulation kommt es darauf an, sich an die gelernten Lektionen und an den Lebensweg zu erinnern. Es ist wichtig, dass du deinen Frieden mit den unvollendeten Aufgaben des Lebens schließt.
Wie kannst du dir selbst und anderen vergeben, solange du noch am Leben bist und nicht erst nach dem Tod?
Während der Rekapitulation kannst du schon mit dem zweiten Sterberitual beginnen, der Vergebung. Der Akt der Vergebung bedeutet, anderen zu vergeben von denen du denkst, dass sie dir Unrecht getan haben.
Wenn du ihnen nicht vor deinem Tod vergibst, wirst du mit ihnen wieder geboren. Im nächsten Leben werdet ihr zusammen geboren und ähnliche Situationen erleben, eventuell heiratet ihr und durchlebt eine Scheidung. Das solltest du unbedingt verhindern. Vergibt allen, von denen du dankst, dass sie dir Unrecht getan haben. Vergib auch dir selbst.
Sich selbst zu vergeben ist ebenso wichtig, wie anderen zu vergeben, die einem Unrecht getan haben. Rekapitulation ist also der erste Schritt.
Der Zweite ist Vergebung.
Vor deinem Tod solltest du unbedingt den Menschen vergeben, gegen die du über Jahrzehnte hinweg Groll gehegt hast. Es ist zu spät, um noch auf irgendjemanden böse zu sein. Es ist ein wunderbarer Akt, vor dem Tod noch zu sagen: „Ich liebe dich“ und „Ich vergebe dir“. Natürlich sollten wir die Rekapitulation und Vergebung nicht erst in den letzten vier Tagen unseres Lebens üben.
Die letzten Tage sind ziemlich anstrengend und finden oft in einem Krankenhaus statt.
Diese Übungen sollten wir lange vor unserem Tod beginnen. Wir sollten rekapitulieren und herausfinden worum es in unserer Lebensgeschichte ging. Wir sollten unsere Lektionen erkennen und was wir daraus gelernt haben. Wir sollten vergeben und uns soll vergeben werden.
Es ist absolut wichtig die karmischen Verbindungen mit Menschen aufzulösen, mit denen wir ganz bestimmt nicht noch einmal geboren werden wollen.
Ich rate dir, dass du dies lange vor deinem Tod übst. Wenn du geliebte Menschen in den Tod begleitest, helfe ihnen ihr Leben zu rekapitulieren. Helfe ihnen, Vergebung gegenüber anderen auszusprechen und sich selbst zu vergeben.
Wir haben viel Unrecht getan und viele Fehler gemacht, gegenüber uns selbst, unseren Kindern, unseren Eltern und geliebten Menschen. Es ist wichtig, dass wir damit abschließen. Es ist unausweichlich.
Der zweite Schritt ist Vergebung. Vergebung kommt direkt aus dem Herzen. Es ist kein intellektueller Prozess. Es geht nicht darum deinen Taten wett zumachen. Es geht nur darum, sich in Demut zu entschuldigen. Du solltest dich bei Anderen oder dir selbst entschuldigen und dir für die Fehler in deinem Leben vergeben.
Der dritte Schritt ist die Erlaubnis zu sterben.
Ich erinnere mich an den Sterbeprozess meines Vaters. Er hat sich über viele Wochen hinweg an das Leben geklammert, weil er von meiner Mutter keine Erlaubnis zu sterben bekommen hat. Dann sagte meine Mutter: „Es ist ok, wenn du gehst. Alles wird gut.“ „Ich liebe dich! Ich werde immer an dich denken. Ich will nicht, dass du noch weiter leidest, mein Liebster.“ „Es ist ok, wenn du stirbst.“ In diesem Moment ist er gegangen. Er starb. Es ist sehr wichtig, dass die geliebten Menschen, Kinder, Verwandte und Ehepartner dem Menschen die Erlaubnis geben zu sterben.
„Es ist ok, wenn du jetzt gehst.“ „Alles wird gut. Wir werden aufeinander aufpassen.“ „Es ist ok. Wir wollen, dass du deinen Frieden findest.“ „Geh, geh nach Hause.“ „Es ist ok, wenn du gehst.“
Dies sind die drei wichtigsten Schritte im Sterbeprozess: Rekapitulation, Vergebung und die Erlaubnis zu sterben.
(Quelle Alberto Villoldo)